15.09.2022

Air Cargo Conference bringt über 300 Luftfrachtmacher zusammen

Rund 30 Vorträge erwarteten die Besucher. Hauptthema war die „neue Agilität“.

Spannende Diskussionen über aktuelle Entwicklungen in der Luftfracht und interessante Einblicke in neue Technologien: Die siebte Air Cargo Conference am 7. und 8. September 2022 im Frankfurter „House of Mobility and Logistics“ (Holm) war eine ideale Möglichkeit für Luftfrachtmacher und Experten, sich auszutauschen und neue Ideen zu gewinnen. Die Resonanz war groß: über 300 Interessierte nahmen in diesem Jahr an der Veranstaltung teil, die die Air Cargo Community mit den Kooperationspartnern Frankfurt University of Applied Sciences, Fraunhofer IML, Haus61 und Hessen Aviation organisiert hatte.

Das Hauptthema war die „neue Agilität“. Schließlich haben zahlreiche Herausforderungen die Arbeit der Luftfrachtmacher seit Beginn der Corona-Pandemie geprägt. Flexibilität und Reaktivität waren gefragt. Die Air Cargo Conference gab Forschern und Start-up-Gründern darüber hinaus die Gelegenheit, ihre Innovationen und Projekte einem Fachpublikum vorzustellen. Außerdem erhielten die Teilnehmer aktuelle Informationen über Digitalisierungsvorhaben am Standort Frankfurt. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick.

Die große Stärke der Luftfrachtbranche ist und bleibt ihre Agilität

„Wir befinden uns seit zweieinhalb Jahren im Krisenmodus“, konstatierte Timo Stroh, Head of Global Air Freight bei Dachser, in seinem Vortrag. Eine Aussage, mit der sich wohl viele Konferenzteilnehmer identifiziert haben dürften. Zahlreiche Herausforderungen verlangten zuletzt schnelles und flexibles Handeln. Corona, Störungen in den globalen Lieferketten, Personalengpässe, Russlands Krieg in der Ukraine, die Inflation und steigende Kerosinpreise wirkten und wirken sich auf die gesamte Luftfrachtbranche aus. Agilität ist für die Akteure gelebte Realität.

Turhan Özen, Chief Cargo Officer bei Turkish Airlines, zeigte auf, wie es dem Unternehmen gelungen ist, zur größten Luftfrachtgesellschaft Europas aufzusteigen: mit agilem Handeln in der Corona-Pandemie, dem Einsatz von Automatisierung und einer modernen Infrastruktur. Im Februar hat Turkish Airlines das neue Air-Cargo-Hub am Istanbuler Flughafen bezogen.

Nicht nur die großen Player müssen wendig sein. Beispiel heyworld: Das im Jahr 2017 gegründete Start-up ist spezialisiert auf E-Commerce-Transporte. Sollten zunächst Belly-Kapazitäten auf innereuropäischen Transportwegen genutzt werden, zwang die Corona-Pandemie die Verantwortlichen dazu, das Geschäftsmodell neu zu schreiben. „Wir müssen agil sein. Als kleines Unternehmen hast du keine Wahl: Entweder du bist erfolgreich oder du scheiterst“, sagte Daniel H. Otto, Head of Business Development bei heyworld.

Zahlen belegen es: Die Luftfracht kam sehr gut durch die Krise

Die vergangenen drei Jahre ließen Charles Schlumberger, Lead Air Transport Specialist bei der World Bank in Washington, und Niall van de Wouw, Luftfrachtspezialist beim Marktanalysten Xeneta, anhand von Zahlen Revue passieren. Nach einem Einbruch 2020 erfuhr die Luftfracht 2021 ein starkes Jahr. Seit Jahresbeginn 2022 sinkt das Cargo-Aufkommen wieder etwas. Schlumberger verwies auf Daten der IATA. Laut ihrem letzten Monatsbericht sind die CTK-Volumina im Juli um 9,7 Prozent zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Marktteilnehmer profitieren aber weiterhin von hohen Preisraten, wie Niall van de Wouw zeigte. Sie lagen im August bei +113 Prozent im Vergleich zu August 2019 und bei +4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Was nun? Unsicherheiten prägen die Stimmung

Wie entwickelt sich die Weltwirtschaft in den nächsten Monaten? Welches Risiko birgt die hohe Inflation? Und welchen Ausgang wird der Krieg in der Ukraine nehmen? Werden die Luftfrachtkapazitäten die Nachfrage übersteigen? Viele Fragezeichen. Die Podiumsgäste hielten sich denn auch mit Einschätzungen zurück. Sicher ist nur: Die Agilität aller Akteure ist weiterhin gefordert.

Start-ups fördern die Agilität in der Branche

Um hohe Volumina schnell von A nach B transportieren zu können, müssen die Prozesse effizient gestaltet sein. In den Lieferketten im Air Cargo besteht dafür noch Potenzial. Neue Technologien können die Arbeit in den Lagerhallen, aber auch die Abläufe in der gesamten Supply Chain beschleunigen. Wie dies konkret aussehen kann, zeigten eine Reihe von Start-ups, die sich bei der Air Cargo Conference vorstellten:

Die Luftfrachtunternehmen profitieren von diesen Entwicklungen aber nicht nur, indem sie die Leistungen und Produkte von Start-ups in Anspruch nehmen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in sie zu investieren. Wie das funktionieren kann, zeigte Senior Venture Architect Ole Poppinga am Beispiel seines Arbeitgebers Fiege. Der Mittelständler ist bislang an mehr als 30 Logistik-Start-ups beteiligt.

Die Branche setzt auf Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist das Thema unserer Zeit. Auch die Luftfrachtindustrie verfolgt das Ziel, CO2-Emissionen zu reduzieren und auszugleichen. An konkreten Beispielen wurde dies auf dem Kongress deutlich.

Lufthansa Cargo etwa investiert in eine modernisierte Flotte, wie Dietmar Focke, Vorstand für Operations und Personal, erklärte. Zehn Frachter hat die Airline kürzlich bestellt, darunter sieben Boeing 777-8F, die weniger Treibstoff verbrauchen.

Bernhard Dietrich, Leiter des Kompetenzzentrums für Klima- und Lärmschutz in Hessen, stellte ein nachhaltiges Projekt vor: So entsteht in Hoechst eine Power-to-Liquid-Anlage. Der Produktionsstart ist für 2023 geplant.

Der Vienna Airport investiert in den kommenden Jahren in die Wasserstoffproduktion. Bereits ab nächstem Jahr wird der Betrieb am Flughafen CO2-neutral sein, erklärte Wolfgang Scheibenpflug, Geschäftsbereichsleiter Immobilien- und Standortmanagement der Flughafen Wien AG.

Riege Software will bei Speditionsmitarbeitern mehr Bewusstsein für die CO2-Emissionen von Transporten schaffen. Ein in die Software integrierter CO2-Rechner zeigt die Werte für einzelne Sendungen an.

Aufholjagd in der Digitalisierung: Neue Lösungen versprechen mehr Effizienz

„Die Digitalisierung der Luftfrachtlogistik stellt für uns alle eine Priorität dar“, sagte Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, in seinem Grußwort. Mit dem mit sieben Millionen Euro dotierten Projekt „Digitales Testfeld Air Cargo“ fördert die Bundesregierung Partner aus Industrie und Wissenschaft an sieben Luftfahrtstandorten in Deutschland. Als Forschungseinrichtungen sind die Frankfurt University of Applied Science und das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik beteiligt. Sie stellten bei der Air Cargo Conference die einzelnen Teilprojekte vor. Ziel ist unter anderem, mit der Open-Source-Lösung NE:ONE den Datenaustausch zwischen den Beteiligten in der Logistikkette zu standardisieren.

Die in der Luftfracht tätigen Unternehmen am Flughafen Frankfurt setzen darüber hinaus eigene Projekte um, um die Warenabfertigung zu beschleunigen und damit Wettbewerbsvorteile zu gewinnen. Ein Beispiel dafür ist FRA-OS/Import, das Speditionen die Gestellung ermöglicht und damit im Import Zeit spart. Martina Schikorr, bei Fraport verantwortlich für die digitale Transformation Cargo, und Anne Ebeling, IT-Teamleiterin bei Dakosy, berichteten über den Stand der Dinge. Die Cargo City Süd sei flächendeckend implementiert, erklärten sie. Die gewonnenen Daten könnten in einem nächsten Schritt dafür genutzt werden, die Importprozesse am Flughafen detailliert zu analysieren.

Die Air Cargo Community arbeitet intensiv daran, die Abläufe am Speedgate zu optimieren und den Common Pre-Check einzuführen, einen zentralen Check-in für Lkw-Fahrer in der Cargo City Süd. Endlich sind die personellen Ressourcen vorhanden, um diese Vorhaben voranzutreiben: Seit August verstärkt Lea Walther den Verband als Leiterin Prozessentwicklung. Murat Karakaya ist seit Mai als Leiter strategische Produktentwicklung für die Community tätig. Bis Jahresende werden die beiden mit der Community Konzepte zu diesen Projekten erarbeiten.

Schauen Sie sich die Präsentationen der 7. Air Cargo Conference an!